Position III

(X) I WOULD PREFER NOT TO verkündet die Wahl-Urne in Anlehnung an Herman Melvilles Erzählung des fleißigen Kopisten Bartleby, der, die Anordnung seines Chefs, Abschriften zu tätigen, nicht mehr befolgt und in zunehmender Verweigerung von Arbeit, Kommunkation und Nahrung endet. „Ich möchte lieber nicht“ besagt nicht, dass Bartleby nicht will, sondern, dass er vorzieht dies nicht zu tun. Er weist etwas Nicht-Gemochtes zurück. Sein Kreisen in einem Aufschub, hält sein Umfeld auf Abstand und lässt ihn überleben. Daraus entwickelt sich eine Sphäre der Unbestimmtheit, die zwischen Ja und Nein, dem was vorzuziehen ist und dem Nicht-Bevorzugten wächst.

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Lieber nicht – als irgendetwas. Bartlebys Haltung versinnbildlicht diese Wahl-Epoche, den Zustand des ‘in der Schwebe sein‘. Unsere Gegenwart, eine Ambiguitätszone von Behauptung und Verneinung, Akzeptanz und Weigerung so wie Setzung und Aufhebung.

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Ansicht Detail - Griff von Wahlurne mit schwarz rot gold Glückskeksen - Kunstinstallation - I would prefer not to (X) - präsentiert von Warte Positionen, U-Bahnsteig Bockenheimer Warte

Diese Wahl mutet an wie eine Verweigerung der Wirklichkeit. Vakuumiert zwischen Post- und Prä-Ära. Die Geburtsstunde von Aufbruch bleibt aus. Wochenlang dieselben Argumente, Vorwürfe, Floskeln und Formulierungen. Es scheint, als gäbe es einen fleißigen Schreiber für alle Parteiprogramme – doch die Wahl-Urne spielt nicht mehr mit und verweist freundlich aber bestimmt auf die wachsende Unmöglichkeit: “ I would prefer not to (X)“.

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Ansicht Totale - Wahlurne mit aufgereihten schwarz rot gold Glückskeksen in Vitrine - Kunstinstallation - I would prefer not to (X) - präsentiert von Warte Positionen, U-Bahnsteig Bockenheimer Warte

Das Schreiten zur nationalen Urne wird zur normativen Glückskeks-Wahl.
Die Pandemie verbreitet ein Klima der Müdigkeit und produziert Kanzler-Kandidat:innen ohne Authentizität und Aufbruchstimmung. Selbstbezüglichkeit prägt das Klima, anstelle von Wandel. Das Vertrauen der Wähler:innen sinkt, wenn die Natur zunehmend tobt und die Kandidat:innen gleichwohl Fehlleistungen und Affekte nicht kontrollieren. Es ist ein Kreuz mit dem Kreuz.
Am Ende scheint Konstanz, im Schatten der abwesenden Mutter, das Altbewährte zu richten, als bedingungslose Kapitulation in diesem plan- und ideenlosen Wahldesaster.

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Ansicht Halbtotale - Wahlurne rückseitig mit aufgebrochenen schwarz rot gold Glückskeksen in Vitrine - Kunstinstallation - I would prefer not to (X) - präsentiert von Warte Positionen, U-Bahnsteig Bockenheimer Warte

Und die große Glückskeks-Offenbarung wird zum: Gleich, gleich, aber anders.

Ausstellung: September 2021 – März 2022